Ende des britischen Eisenbahn-Experiments

north yorkshire moors eisenbahnDas Wort „Verstaatlichung“ klingt nach Kommunismus und lässt eine Vielzahl von Ängsten hochkommen. Doch genau dies plant die konservative Regierung Großbritanniens mit der privatisierten Eisenbahn. Und zwar rasch. Noch in dieser Woche!

Die Privatisierung der Eisenbahn in Großbritannien bzw. England wurde Mitte der 1990er-Jahre unter Margaret Thatcher begonnen und führte entgegen der Annahmen der „Eisenen Lady“ nicht zu besserem Service, mehr Verbindungen, mehr Pünktlichkeit und günstigeren Preisen bei der Bahn – sondern zu einer Häufung von Unfällen, teilweise mit Menschenopfern. Die neuen privaten Bahnunternehmen versuchten die eigenen Gewinne und die Dividenden-Ausschüttungen an die Shareholder zu optimieren und verzichteten auf den Ausbau der Strecken, ja sogar auf die korrekte Wartung der Eisenbahntrassen. Einige Unfälle waren durch schadhafte Gleise verursacht worden. Nach einem Zugunglück in Hatfield, bei dem vier Menschen starben, kam die damalige Betreibergesellschaft „Railtrack“ wegen mangelhafter Wartung und Einsparungen an Personal und Material in Bedrängnis. Trotzdem dauert das Experiment bis heute an. Es gibt sogar einen Film zu diesem Thema namens „The Navigators“ („Geschichten von den Gleisen“) von Ken Loach aus dem Jahr 2001.

Gleise Dungeness romney marsh EnglandDie Ankündigung der neuen Regierung von Boris Johnson kommt überraschend, stammt doch die Forderung nach einer Verstaatlichung aus dem Programm der konkurrierenden Labour-Partei. Und die Privatisierung war und ist eine ständige Forderung von konservativen und wirtschafts-liberalen Parteien, wobei die Sinnhaftigkeit bei zentralen Infrastrukturen eines Landes (wie z.B. Eisenbahn, Straßen, Stromversorgung, Wasserversorgung, etc.) bereits seit Jahren angezweifelt wird. Auch in Australien hat die Privatisierung der Eisenbahn zu schlecht gewarteten Trassen und einer Häufung von Unfällen geführt. Gleichzeitig arbeiteten die Betreiber der Bahngesellschaften nicht profitabel, sondern bekamen umfassende Subventionen, um zu überleben. Diese staatlichen Zuschüsse waren teilweise höher als die früheren Kosten für die staatliche Eisenbahn. Und zusätzlich schütteten die Unternehmen Gewinne an ihre Anleger aus, anstatt die Einnahme zu re-investieren.

Die Regierung in Großbritannien will neben der Wiederverstaatlichung auch eine Initiative zur Wiedereröffnung von Verbindungen und Stationen durchführen, wofür zusätzliche £ 500 Mio. vorgesehen sind.

Wir sind gespannt, wie sich die Lage der Eisenbahn in Großbritannien entwickelt. Was ist Ihre Meinung?

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